Dr. Guido Klenter
 
  Supply Chain Management

Interim Manager und ihre Vorgehensweise zur Prozessoptimierung (Teil 2)

Interim Manager und ihre Vorgehensweise zur Prozessoptimierung (Teil 2)

Ein von einem Interim Manager durchgeführtes Prozessoptimierung-Programm läuft grundsätzlich in drei Hauptphasen ab: Mobilisieren, verändern, stabilisieren.

Das Unternehmen muss zunächst für das Prozessoptimierung-Programm mobilisiert werden („Unfreezing“), indem Grund und Ziel für das Projekt kommuniziert und argumentiert werden. Anschließend sind die Prozesse zu verändern und auf einen verbesserten Kundennutzen ausgerichtet zu optimieren („Moving“). Die Ergebnisse der Umsetzung müssen am Projektende in den Köpfen der Mitarbeiter verankert, in der Umsetzung stabilisiert und in der GuV ablesbar sein („Refreezing“). Die optimale Soll-Situation spiegelt dabei die besten Ausprägungen für Kundennutzen und Wettbewerbsfähigkeit wider.

Die konkrete Vorgehensweise zur Prozessoptimierung wird daher von Aurum Interim in drei Blog-Teilen diskutiert. Dieser Beitrag geht auf Prozessbeschreibung und Prozessoptimierung ein:

Prozessbeschreibung – Ist-Prozess aufnehmen und bewerten

Nach der Definition sowie der Festlegung von Prozessparametern und Messpunkten der jeweiligen Kern-, Management- und Supportprozesse sind die Prozesse im Detail im Ist-Zustand zu beschreiben, aufzunehmen und sauber abzubilden. Die weitere Strukturierung erfolgt z. B. in Teilprozesse, Arbeitspakete und Aktivitäten. Dabei ist pragmatisch vorzugehen, indem die Strukturierung der nächsten Ebenen aufwandsgerecht, d. h. nach Bedeutung des jeweiligen Teilprozesses oder der entsprechenden Aktivitäten erfolgt. Darüber hinaus sind einerseits eine vollständige und andererseits eine überschneidungsfreie Untergliederung sicherzustellen. Die Systematik der weiteren Untergliederung und Aufteilung ist dabei konsequent durchzuziehen. Sie darf sich aber nicht zum Selbstzweck entwickeln, d. h. die Analysen und Dokumentationen sollten sich wirklich nur auf die wesentlichen Prozesse beschränken und diese auch nur bis zu der Ebene detailliert darstellen, auf der das relevante Problem identifiziert werden kann.

Die Ist-Aufnahme umfasst neben dem Ablauf des Prozesses insbesondere die Identifizierung der beteiligten Organisationseinheiten und eingesetzten Kapazitäten im Unternehmen. Hierzu ist sicherzustellen, dass ein aktuelles Organigramm mit Ressourcen des Unternehmens vorliegt. Des Weiteren ist Transparenz über die eingesetzten, i. d. R. sehr vielfältigen IT-Systeme zu erzielen. Darüber hinaus müssen die Basisdaten zur Bewertung der Prozessparameter bereitgestellt werden, um den entsprechenden Prozessschritten die jeweiligen Zeiten, Häufigkeiten oder Kapazitäten zuordnen zu können.

Die Bewertung des Ist-Zustandes des Prozesses erfolgt zum einen nach den definierten quantitativen Prozessparametern und zum anderen nach qualitativen Kriterien. Als Bewertungsmaßstäbe haben sich in der unternehmerischen Praxis bewährt:

  • Offensichtliche Schwachstellen oder Probleme im Prozess (z. B. lange Liegezeiten)
  • Ineffiziente Schnittstellen im Prozess (z. B. Anzahl Schreibtischwechsel, Doppelarbeiten)
  • Mangelhafte Befriedigung von Kundenanforderungen (externe und interne Kunden)
  • Unterschreiten eigener Maßstäbe (z. B. Zielkosten oder -zeiten)
  • Verfehlen externer oder interner Bestmarken (Kosten/ Kapazitäten, Qualität, Zeit)

Die iden­ti­fi­zier­ten Schnitt­stel­len und Pro­ble­me sind im Rah­men der Be­wer­tung zu va­li­die­ren, um an­schlie­ßend An­sät­ze für er­for­der­li­che Ver­bes­se­run­gen auf­zu­zei­gen und ab­schlie­ßend zu be­wer­ten.
 

Prozessoptimierung – Verbesserungsansätze identifizieren und Soll-Prozess definieren

Auf Basis der do­ku­men­tier­ten und be­schrie­be­nen Pro­ble­me wer­den ent­spre­chen­de Ver­bes­se­rungs­an­sät­ze und die zu­ge­hö­ri­ge Zeit­bar­rie­re iden­ti­fi­ziert. Dabei hat die Be­sei­ti­gung von Kul­tur-, Pro­zess- und Sach­bar­rie­ren theo­re­tisch un­ter­schied­lich hohe Wir­kungs­gra­de. Wäh­rend die Be­sei­ti­gung einer Kul­tur­bar­rie­re einen gro­ßen Fort­schritt in der Pro­zess­op­ti­mie­rung bringt, sind für den glei­chen Schritt deut­lich mehr Pro­zess- und gra­vie­rend mehr Sach­bar­rie­ren aus dem Weg zu räu­men.

Kulturbarrieren: Wirkungsgrad 100
„Das haben wir doch immer schon so gemacht!“ – diese Einstellung ist eine oft auftretende Kulturbarriere in Unternehmen, die Veränderungsprozesse bereits im Keim ersticken lässt. Gegen diese Art von Bremsertum ist mit einer durch das Management geführten, offensiven Kampagne vorzugehen. Die Bremser sind zu stoppen und der – in der Regel zahlenmäßig größere – Rest der Mannschaft ist in Richtung Veränderung zu motivieren. Die Blickrichtung geht nur nach vorn. Es ist grundlegend mit der Vergangenheit abzuschließen. Für die Diskussion einer bislang unzureichenden Vertrauenskultur im Unternehmen oder für gegenseitige Schuldzuweisungen ist bei der Erarbeitung und Umsetzung eines Prozessoptimierung-Programms keine Zeit.

Prozessbarrieren: Wirkungsgrad 10
Jede Art von Ineffizienz und Verschwendung in den Kern-, Management- und Supportprozessen sind zu eliminieren. Die Prozesse sind so auszugestalten, dass ein reibungsloser Ablauf gewährleistet wird. Als Ergebnis einer Prozessoptimierung resultieren oft erforderliche Änderungen für den Aufbau der Organisation – mit allen Konsequenzen für gewachsene Verantwortungsbereiche und Machtpositionen. Aufgrund der Relevanz der Auswirkung ist die Beseitigung von Prozessbarrieren ebenfalls eine Aufgabe des (Top-)Managements.

Sachbarrieren: Wirkungsgrad 1
Auf der Ebene der inhaltlichen Optimierung sind Probleme, wie mangelnde Informationsweitergabe oder die Ausstattung mit erforderlichem Equipment, durch die verantwortlichen Mitarbeiter zu beseitigen. Die Beseitigung solcher Sachbarrieren kann nicht Aufgabe des Managements sein. Das Management muss sich hier auf motivierte und umsetzungsstarke Mitarbeiter verlassen können.

Auch der neue Soll-Zustand des Prozesses ist an den Bewertungsmaßstäben zu spiegeln:

  • Die offensichtlichen Schwachstellen oder Probleme im Prozess sind gelöst
  • Ineffiziente Schnittstellen im Prozess sind eliminiert
  • Kundenanforderungen werden befriedigt (externe und interne Kunden)
  • Eigene Maßstäbe werden erreicht
  • Externe oder interne Bestmarken werden realisiert

Mit der Veränderung der Kern- sowie Management- und Supportprozesse sind i. d. R. auch Veränderungsgrade eines Prozessoptimierung-Programms auf die Organisation des Unternehmens verbunden. Wird die bestehende Organisation auch für die optimierten Prozesse als geeignet erachtet, ist lediglich eine Feinabstimmung der Aufgaben, Schnittstellen und Kapazitäten erforderlich. Passt die bestehende Organisation jedoch nicht mehr ist eine Anpassung der Aufgaben, Verantwortlichkeiten, Kompetenzen, Strukturen, Schnittstellen und Kapazitäten erforderlich sowie eine neue Anbindung einzelner Einheiten im Organigramm oder auch grundlegende Organisationsalternativen zu prüfen und umzusetzen. Größere Anpassungen bzw. ein Umbau müssen angegangen werden, wenn Hierarchieebenen und/oder Stellen gestrichen, neue Abteilungen eingerichtet, bestehende Abteilungen zusammengelegt („Zentralisierung“) oder Funktionen und Kapazitäten ausgelagert werden (Outsourcing). Alle Veränderungen sind dabei mit neuen Herausforderungen an Hierarchie, Führung und Qualifikation verbunden.

Die verbesserten Prozesse sind analog der Beschreibung des Ist-Zustandes im Soll-Zustand zu dokumentieren, mit Umsetzungsmaßnahmen zu hinterlegen und konsequent zu realisieren. Dabei stehen neben den rein prozessualen Veränderungen insbesondere strukturelle Anpassungen im Vordergrund, die darüber hinaus mit radikalen Verhaltensänderungen einhergehen (müssen).

Fortsetzung folgt  in Teil 3: Prozessmonitoring und Projektabschluss („Feste feiern“)

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